Die wechselhafte Geschichte unserer Schule begann vor über 200 Jahren.

Die Anfänge

Als durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 das katholische Niederstift Münster – es umfasst die heutigen Kreise Cloppenburg und Vechta – an das evangelische Großherzogtum Oldenburg kam, wurde in Cloppenburg die evangelische Gemeinde gesammelt und organisiert.

Nach dem Oldenburger Schulgesetz waren die Volksschulen konfessionell einzurichten und unterstanden kirchlicher Aufsicht.

Im Jahre 1807 erhielt somit die ev. Gemeinde ihren ersten Lehrer J.H. Niemann. Da ein eigenes Schulgebäude nicht vorhanden war, unterrichtete er in der Wohnstube. Die Schülerzahl betrug damals sieben Kinder. Ihm folgten die Lehrer Bramstedt, Catenkamp, Wulfers, Alpers und Lahrssen.

1858 wurde auf dem Hofkamp die ev. Kirche gebaut. Neben dieser entstand ein schlichtes Gebäude, das die Wohnung des Pfarrers, des Lehrers und einen Schulraum enthielt. Hier unterrichteten die Lehrer Cramer, Kunst, Schwerdtfeger und Lampe.

1908 wurde bedingt durch wachsende Schülerzahlen an der Ritterstraße, gegenüber der Kirche, ein zweiklassiges Schulgebäude mit zwei Lehrerwohnungen errichtet. Hier unterrichtete der Hauptlehrer Behrens etwa 70 Schüler – es waren überwiegend Kinder von evangelischen Staatsbediensteten, die an Postamt, Finanzamt, Reichsbahn u.a. staatlichen Einrichtungen nach Südoldenburg versetzt worden waren.

Im Jahre 1938 wurden in der Zeit des Nationalsozialismus die Konfessionsschulen aufgelöst und die ev. Volksschüler gemeinsam mit den katholischen in anderen Schulräumen der Stadt untergebracht. Von 1938 bis 1945 diente die ev. Schule als NSV Kindertagesstätte und danach bis 1948 als Unterkunft für 30 Waisenkinder des Diakonissen Mutterhauses „Salem“ aus Köslin/Pommern.

Nachkriegszeit

1945 führten Flucht und Vertreibung von Millionen Deutscher aus den Ostgebieten auch im Schulleben Cloppenburgs zu chaotischen Zuständen. Die mittelalterlich anmutende Schulordnung – die Konfessionsschule – wurde wieder hergestellt. Annähernd 400 ev. Schüler und Schülerinnen wurden von 7 Lehrern und Lehrerinnen zum Teil in Schichtunterricht vormittags und nachmittags in allen möglichen Behelfsräumen der Stadt wie z.B. in der Markthalle, der Landwirtschaftsschule und den Holzbaracken des RAD (Reichsarbeitsdienst) auf dem alten Friesoyther Marktplatz unterrichtet. Es fehlte zudem fast an allem: Hefte, Bücher, Lehrmittel, Brennmaterial sowie ausreichende Ernährung und Bekleidung. Ein kleines Beispiel der Not: Um ein Heft kaufen zu können, musste der Schüler 1 Pfund Altpapier abliefern. Hilfe erhielt die Schule damals durch ein Paket mit Schulmaterial aus Kanada.

Ab August 1948 konnte der Schichtdienst vorübergehend aufhören und alle Kinder wieder vormittags unterrichtet werden. Unterrichtsräume gab es jetzt für vier Klassen in einer ehemaligen RAD Baracke und für zwei weitere Klassen in der alte Stammschule in der Ritterstraße, die durch den Umzug der Waisenkinder in das neu errichtete Schwedenheim wieder verfügbar wurde.

Die Schülerzahl wuchs ständig, so dass in zunehmendem Maße auch wieder nachmittags unterrichtet werden musste. Es fehlten alsbald weitere vier Klassenräume und die immer deutlicher werdenden Baumängel der Baracke ließen erkennen, dass es so nicht weiter gehen konnte. In Elternversammlungen wurde immer wieder ein Schulneubau gefordert. Schließlich gelang es, die 160.000,00 DM für den ersten Bauabschnitt auf dem Friesoyther Marktplatz zu beschaffen.

Die Volksschule Paul-Gerhardt

Am 16. August 1952 war es dann so weit: nach mehrjähriger Baracken-Notzeit wurde in einem festlichen Rahmen die neue ev. Volksschule an der Wilke-Steding-Straße eingeweiht. Architekt dieser Schule war Karl Kösters aus Cloppenburg. Der erste Leiter, Rektor Erich Januschkewitz, ein gebürtiger Königsberger, hat sich mit seinem unermüdlichen Einsatz um die Schule besonders verdient gemacht. Unterstützt wurde er durch die Lehrerinnen Leonore Sürich, Emma Arlt, Edith Högemann, Käthe Scheper und Christel Bertram sowie die Lehrer Anton Werner, Alfred Weicksel, Alex Hansen und Otto Hilbig.

Auf diesen ersten Bauabschnitt folgten 1959 der zweite und 1969 der zweigeschossige Mitteltrakt als Abschluss des Bauvorhabens.

Am 28.10.1966 beschloss die Lehrerkonferenz mit dem erweiterten Elternrat der ev. Schule den Namen „Paul-Gerhardt“, dem Sänger fröhlichen Glaubens, zu geben. Nach Zustimmung des Rates der Stadt Cloppenburg stimmte im Februar 1967 auch der Präsident des Nieders. Verwaltungsbezirks diesem Begehren zu.

Mit der Einführung des 9. Schuljahres im Jahre 1962 wurde die ev. Volksschule für alle ev. Hauptschüler des 9. Jahrganges aus dem Südkreis von Cloppenburg einschließlich Ahlhorn zur Mittelpunktschule.

Die Paul-Gerhardt-Schule als Grundschule

1974 kam nun mit der Einführung der Orientierungsstufen das Ende der alten Volksschule von Klasse 1 – 9. Die Paul-Gerhardt-Schule wurde Grundschule für Kinder von Klasse 1 – 4.

Durch geburtenschwache Jahrgänge und den vermehrten Wunsch von Eltern, ihre Kinder in die katholische Grundschule ihres Wohnbezirks einzuschulen, kam es in den 70 er Jahren zu einem rapiden Rückgang der Schüler an der Paul-Gerhardt-Schule: 120 Schüler in 7 Klassen – der Tiefstpunkt in der Nachkriegsgeschichte unserer Schule.

Auf einmal waren die sonst so knappen Räumlichkeiten zu groß. Der ganze hintere Trakt stand leer und wurde der Caritas zwecks Einrichtung eines Sprachheilkindergartens überlassen. Niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass schon bald ein großer Strom von Aussiedlern aus der Sowjetunion die Schule vor neue große Probleme mit enormen Herausforderungen stellen würde.

Anfang der 80er Jahre waren es zunächst nur wenige deutschstämmige Familien, die aus der Sowjetunion (Sibirien und Kasachstan) als Aussiedler in Cloppenburg eine neue Heimat fanden. Sie waren kinderreich und überwiegend evangelisch bzw. auch freikirchlich und wünschten als gläubige Christen, dass ihre Kinder in die ev. Paul-Gerhardt-Schule aufgenommen werden. Die Zahl dieser Bevölkerungsgruppe und damit auch der Schüler wuchs ständig und so hatte sich bis zum Ende der 80er Jahre die Schülerzahl an der Paul-Gerhardt-Schule nahezu verdoppelt. In dieser Zeit leistete die Paul-Gerhardt-Schule den größten Teil schulischer Integrationsarbeit im Bereich der Grundschulen. Zu den Sprach- und Lernproblemen, die es zu bewältigen gab, entstand nun auch wieder die Raumnot. Nach langen Verhandlungen bekam die Caritas andernorts einen Neubau und mit einem Schulfest konnten im Sommer 1997 die alten Räume wieder offiziell in den Besitz der Schule genommen werden.

Ab 2000 gingen die Schülerzahlen allgemein wieder leicht zurück. Die katholischen Grundschulen öffneten sich zunehmend für nichtkatholische Schüler. Vielen Eltern ist die Konfessionsgebundenheit einer Grundschule nicht mehr wichtig. Die Zukunft einer ev. Grundschule ohne festen Wohnbezirk liegt nun im besonderen pädagogischen Profil.

Zum Schuljahr 2001/2002 wurde die Paul-Gerhardt-Schule verlässliche Grundschule. Seitdem können alle Kinder die Schule bis 13.00 Uhr besuchen. Für das 1. und 2. Schuljahr wurde ein Betreuungsangebot ab 12.00 Uhr eingerichtet. Die Schuljahre 3 und 4 haben Unterricht bis 13.00 Uhr.

Zum Schuljahr 2005/2006 erhielt die Schule nach einer Erprobungsphase die Genehmigung des Kultusministeriums als offene Ganztagsschule zu arbeiten. Sie ist die einzige Ganztagsgrundschule im Landkreis Cloppenburg. Dies etabliert sie als besonderes Schulangebot für alle Schüler der Stadt Cloppenburg. In der offenen Ganztagsschule können die Kinder nach dem Mittagessen an freiwilligen Arbeitsgemeinschaften, der Hausaufgabenhilfe und Förderunterricht an einem oder mehreren Tagen in der Woche teilnehmen.

Im Mai 2010 wurde die Mensa eingeweiht. Ab jetzt mussten die Kinder nicht mehr in den Klassenräumen essen. Wöchentlich wurden etwa 500 Mahlzeiten ausgeteilt. Der Anbau an das bestehende Schulgelände wurde extra hell und freundlich geplant und bot Platz für 80 Personen. Die Mahlzeiten wurden zur Entlastung aller in zwei Schichten gereicht: Klasse 1+2 um 12.00 Uhr, Klasse 3+4 um 13.00 Uhr.

Im Oktober 2018 wurde der erste Spatenstich für die bereits nötige Erweiterung der Mensa gemacht. Im November 2019 wurden die Arbeiten abgeschlossen und der Anbau eingeweiht. Zum Essen bietet die Mensa nunmehr 160 Sitzplätze. Der Raum wurde von Anfang an als Mehrzweckraum geplant, so dass er als Veranstaltungsraum allen Schülern der Schule Platz bietet und die bisherige, in die Jahre gekommene und etwas dunkle Aula ersetzt.

Seit Oktober 2019 ist die Paul-Gerhardt-Schule Bewegte und gesunde Schule Niedersachsen. Das Projekt „Bewegte gesunde Schule“ wird vom Kultusministerium angeboten, um ganzheitliches Lernen zu fördern, um Schulleben zu gestalten und um Schulentwicklung zu unterstützen. Sie ist zudem die erste Schule, die diesen Titel erworben hat.